Beleuchtung von Zimmerpflanzen – Der komplette Guide

Beleuchtung von Zimmerpflanzen – Der komplette Guide


Sind Lampen wirklich notwendig?

Ähnlich wie wir haben auch unsere Pfleglinge bestimmte Grundbedürfnisse, die in Qualität und Quantität erfüllt sein müssen, um ein gesundes Wachstum zu ermöglichen. Neben dem richtigen Substrat, Feuchtigkeit und Nährstoffen ist dies vor allem das richtige Licht. Pflanzen sind photoautotrophe Organismen, d.h. dass sie ihren Energiebedarf ausschließlich über das eingefangene Licht decken. Gibt es nicht genug Licht, stagniert das Wachstum, die Pflanze kann dann noch eine Weile von z.B. eingelagerter Stärke überleben bis sie schließlich verhungert.

Wir müssen also sicherstellen, dass das unseren Pflanzen zur Verfügung stehende Licht dauerhaft deren Energiebedarf decken kann. Eine diffuse Raumbeleuchtung ist dafür in der Regel nicht ausreichend, selbst was für unsere Augen vermeintlich hell erscheint, reicht meist nicht für Pflanzenwachstum.

Wie viel wir am Ende wirklich brauchen, wie man dabei Kosten sparen kann und worauf bei der Qualität der Pflanzenlampe noch zu achten ist, soll in diesem Artikel behandelt werden.


Wie viel Licht brauchen meine Pflanzen?

Lampen sollten ausreichend dimensioniert gewählt werden, kosten aber eben auch Geld in der Anschaffung und im Betrieb. Man wird also oft in einem Kompromiss irgendwo dazwischen liegen. Der tatsächliche Lichtbedarf hängt von den gepflegten Pflanzen ab und wird am einfachsten in Lux angegeben. Lux setzt sich aus den Si-Einheiten Lumen/Quadratmeter zusammen und lässt sich daher sehr einfach berechnen. Lumen ist immer eine Gesamtmenge abgegebenen Lichts, in diesem Fall unserer künstlichen Leuchtquellen und befindet sich als Angabe auf der Verpackung.

Beispiel:
Das Regalbrett einer Milsbo Vitrine (66 x 36 cm) soll mit einer Lampe mit 1400 Lumen beleuchtet werden: 1400 Lumen / 0,24 m2 = 5830 Lux

Doch ist das nun viel oder wenig? Ein paar Beispiele:

Sonne bei klarem Himmel: > 100.000 Lux
Bedeckter Himmel im Sommer: 10-20.000 Lux
Bedeckter Wintertag: ~2-5.000 Lux
Trop. Regenwald im Unterholz: ~2.000 Lux*
Bürobeleuchtung: 500 Lux
Mondlicht: ca. 0,1 Lux

*nach Becek & Salim 2017

Unbeschattete Sonnenstrahlung in Äquator-Nähe kann bis zu 200k Lux erreichen (Eigene Messung). Solche extremen Werte werden wir aber nie nachahmen müssen, da selbst an Starklicht angepasste Pflanzen nicht mehr als ~50k Lux verwerten können. Für die meisten unserer typischen Pfleglinge wie Alocasia, Philodendron oder Begonia reichen aber auch schon deutlich geringere Werte. Tatsächlich würden sie bei dauerhaft so viel Licht verbrennen oder ausbleichen. Für einen konkreten Überblick dient die folgende Abbildung.

Abb. 1: Einordnung verschiedener bekannter Zimmerpflanzen in Lichtbedarfszonen. Die Platzierungen sind eher als Minima gedacht, einige Pflanzen kommen auch flexibel über große Bereiche gut zurecht.

Die ~5000 Lux aus der Beispielrechnung liegen also im Mittelfeld und sind für viele bekannte Zimmerpflanzen gut geeignet. Für Anthurien oder Begonien dürfte es z.B. auch etwas weniger sein, für Leuchterblumen oder Wüstenrosen mehr. Natürlich kann diese Darstellung nur als Richtwert dienen und ist in vielen Fällen auch eher als Minimum-Wert gedacht. Die notwendige Lichtmenge ist weiterhin auch vom Spektrum und der Beleuchtungsdauer abhängig, bei einem gut abgestimmten Spektrum der Lampe kann etwas an den Lux gespart werden. Bei einer kurzen 8h-Photoperiode ist hingegen vergleichsweise mehr Lichtstärke notwendig, als bei 12h.

Dass das natürliche Sonnenlicht in unseren Breitengraden nicht nur in der Intensität, sondern auch in der Dauer oft unzureichend ist, zeigt die folgende Darstellung aus unserem Gewächshaus. Aufgenommen ist die Intensität der Sonneneinstrahlung an einem durchschnittlichen Tag im November 2023 hinter Doppelglas (Ähnlich Fensterglas) auf horizontaler Fläche ohne Beschattung. Ab ca. 8 Uhr findet nennenswerte Beleuchtung statt und erreicht mittags noch teilweise über 5000 Lux, nach 15 Uhr ist für die Pflanzen aber praktisch schon Nacht. Pflanzenlampen können die fehlende Intensität und/oder Dauer gut supplementieren.

Sunlight-intensity

Abb. 2: Sonneneinstrahlung in Lux in unserem Gewächshaus in Herten, West-Deutschland an einem leicht bewölktem Tag in November 2023. Messung unter Doppel-Glas, horizontale Oberfläche ohne Beschattung.

Praxistipp: Wer sich zur Messung der Lichtstärke in den heimischen Gefilden kein kostspieliges Luxmeter zulegen will, kann auch sein Smartphone benutzen. Für alle Betriebssysteme gibt es in den Appstores „Luxmeter“-Apps, die den Frontsensor für Helligkeitsmessungen benutzen. Das ist natürlich nicht sehr genau, aber verlässlicher als das menschliche Auge und ausreichend für grobe Einstufungen.


Welches Licht brauchen Pflanzen?

Pflanzen hatten seit Millionen von Jahren immer nur eine Lichtquelle – Die Sonne. Dementsprechend hat die Evolution dafür gesorgt, dass eben genau dieses Licht möglichst effizient genutzt werden kann. Man kann also grundsätzlich wenig falsch machen, wenn man zur künstlichen Beleuchtung ein möglichst sonnenähnliches d.h. weißes Licht benutzt. Aufgrund verschiedener Effekte der Absorptionseigenschaften der Pigmente im Pflanzengewebe und der Optoelektronik zur Nachahmung des gewünschten Lichts ergeben sich aber auch viele Möglichkeiten zur Optimierung des Spektrums.

PAR-Vergleich

Abb. 3: Vergleich des photosynthetischen Wirkungsspektrums nach McCree, K. J., 1972 (Verändert) mit Markierung der PAR-Strahlung und Gewichtung von Lumen

Die graphische Darstellung des Spektrums der Lichtquelle ist zur Beurteilung notwendig. Es beschreibt schlicht die Helligkeit der Lichtquelle in den unterschiedlichen Farben, angegeben in Nanometer der Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung. Photosynthese findet im Bereich von ca. 400 – 700 nm statt (PAR), was tatsächlich auch ziemlich genau mit unserer Sehfähigkeit übereinstimmt. Kurzwelliger d.h. <400 nm ist UV-Strahlung, die für die Photosynthese direkt keine Bedeutung hat, aber durchaus die Ausbildung von Sekundärmetaboliten unterstützen kann. Bei Pflanzen können das z.B. Schutzpigmente (Anthocyane) sein, die Blätter rötlich färben. Hier wird in der privaten Kultur aber meistens drauf verzichtet. Nach UV kommt violette und dann bis ca. 500 nm blaue Strahlung. Blaues Licht ist unabdingbar für die Photosynthese, Chlorophyll hat Absorptionsmaxima bei ca. 430 und 450 nm. Zwischen 500 und 600 nm liegt grün bis gelb, auch dieser Bereich ist wichtig für die Photosynthese. Pflanzen erscheinen zwar grün, da anteilig ein etwas größerer Teil des grünen Lichts reflektiert wird, durch Carotinoide und weitere sogenannte Antennenpigmente des Lichtsammelkomplex höherer Pflanzen wird aber doch der Großteil der Strahlung genutzt. Grüne Strahlung dringt außerdem tiefer durch die obere Blattschicht (Bugbee, B., 2016). Über 600 nm Wellenlänge kommt orange und über 650 nm rot, diese Strahlung ist ebenfalls unabdingbar für die Photosynthese, Chlorophyll hat wieder Absorptionsmaxima bei ca. 640 und 660 nm. Über 700 nm fängt Nah-Infrarot Strahlung an, dieses Licht können wir nicht mehr sehen. Auch wird es vom Chlorophyll nicht mehr aufgenommen, trotzdem kommen diesem Licht wichtige Funktionen zu (Dazu später mehr).


Welches Licht machen LED-Lampen?

Leuchtdioden sind nach aktuellem Stand allen anderen künstlichen Leuchtquellen in der Effizienz und Lichtqualität deutlich überlegen, andere Technologien wie HID, Leuchtstofflampen etc. brauchen für Growlights also nicht mehr in Betracht kommen. LEDs geben erstmal immer nur ein monochromatisches d.h. einfarbiges Licht mit einer Bandbreite von ca. 10 nm ab z.B. 660 nm +-5 nm. Das wird bei Blau und Rot auch direkt so verwendet, um hier bei den stärksten Absorptionspeaks der Pflanzenpigmente das meiste Licht zu bieten.

Bleibt man dabei, bekommt man das von vielen „Pflanzenlampen“ bekannte violette Licht. Das sah sehr charakteristisch aus und war daher ein einfaches Marketing-Argument, dass Pflanzen eben solche Lampen bräuchten. Mindestens seit den 1970ern mit den Messungen von McCree weiß man das aber schon besser. Die Information hält sich trotzdem.

Weiße LEDs erzeugen Licht durch die Umwandlung blauen Lichts von 450 nm in alle anderen Wellenlängen mittels einer gelben Phosphorschicht. Die Qualität der blauen Basis-LED und der Phosphor-Mischung entscheidet dabei über die Werte wie Effizienz, Farbtemperatur oder Farbwiedergabe (CRI).

Abb. 4: Spektrum der Jungle Lux Growlight im Bereich von 400 – 800 nm

Naturnahes, neutrales Licht hat eine Farbtemperatur von ca. 4000 Kelvin. Das erscheint weder gelbstichig, noch zu kühlweiß und ist auch für die Pflanzen ein idealer Mittelwert. Dieser Wert wird durch eine Austarierung der Gesamtmenge aller roten und blauen Lichtanteile erreicht. 3000K oder 5000K sind alternativ ebenfalls gut.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist die Farbwiedergabe, ein hoher CRI Wert bis zu 100 sagt eine hohe Sonnenähnlichkeit aus. Lücken im Spektrum sorgen für Abzüge beim CRI, Farben sind dann unterrepräsentiert. Günstige Lampen haben oft Werte um 70 CRi, für Raum- und Pflanzenbeleuchtung sind Werte um 80 ausreichend. Noch bessere Werte >90 spielen nur für z.B. Fotografie eine Rolle.

Als Pflanzenlampen können bereits reinweiße LEDs ausreichend sein. Der Blaupeak ist meist ausreichend stark vorhanden, im roten Bereich fehlt dann hingegen Intensität im längerwelligen Bereich >650 nm. Das ist technisch bedingt, da noch kein Phosphor entwickelt wurde, der in dem Bereich sein Maximum hätte. Um das zu lösen, gibt es bei einigen Pflanzenlampen zu den weißen noch extra rote LEDs, die so die Effizienz erhöhen. Das ist am Spektrum gut zu erkennen.

Bei manchen High-End Growlights sind auch einzelne Far-Red Dioden mitverbaut, die im Bereich über 700 nm das Phytochrom-System der Pflanzen ansprechen, was weitere positive Effekte mit sich bringt.


Effizienz und Stromverbrauch

Neben der Qualität des Lichts wollen wir natürlich auch auf die bereits angesprochene Lichtstärke kommen. Je effizienter die Lampe arbeitet, desto weniger Strom müssen wir dabei verbrauchen.

Je nach Hersteller können dabei verschiedene Werte angegeben sein. Am bekanntesten ist Lumen, was auch die Grundeinheit für die Einheit Lux bildet. Das ist meist ein guter Richtwert, allerdings ist es ein stark gewichteter Wert, wie in Abb. 3 zu sehen ist. Lumen orientiert sich an der Empfindlichkeit des menschlichen Auges, die bei 555 nm am höchsten ist. Hier bekommen bereits kleine Intensitäten große Lumenwerte, obwohl diese Strahlung für Pflanzen eigentlich etwas weniger effizient ist. Vergleicht man ähnliche Lichtquellen miteinander, kann man aber trotzdem auch gut mit Lumen/Lux vergleichen. Manchmal schummeln Hersteller aber eben bei der Helligkeit, indem Sie für hohe Lumenwerte extra mehr grün einmischen.

Die Effizienz der Lampe wird angegeben in Lumen/Watt.
Beispiel: Jungle Lux 1400 Lumen / 9 Watt = 155 Lumen/W (Inkl. Netzteil)
Falls ein externes Netzteil für den Betrieb benötigt wird, muss man dafür nochmal ca. 10% bei den Watt hinzufügen.
(Der Verbrauch von Far Red oder UV Dioden müsste theoretisch von den Watt abgezogen werden, das machts aber etwas zu kompliziert)

Ein unabhängigerer Wert ist der PAR-Wert, der als µmol/s (Gesamtlicht wie Lumen) oder µmol/Joule (Effizienz wie Lumen/W) angegeben wird, aber als Angabe bei vielen Lampen fehlt. Die Einheiten der Werte sehen zwar ziemlich abstrakt aus, haben aber ähnliche Aussagen wie die bekannteren Lumen, nur eben aus der Sicht von Pflanzen. Leider lässt aber auch dieser Wert keinen Rückschluss auf die Qualität des Spektrums zu. Z.B. kann eine rein rote Lampe einen sehr hohen PAR-Wert haben, ist aber nutzlos, wenn die anderen Spektren fehlen. Bei bekanntem, ausgeglichenen Spektrum ist der PAR-Wert aber eine sinnvolle Angabe.
Der sogenannte PPFD Wert ist für die Effizienz kaum zu deuten, da er vom Messabstand und vor allem vom Gehäuse der Lampe abhängt.

Aus dem Beispiel der Jungle Lux entsprechen die 1400 Lumen etwa 21 µmol/s bzw. die 155 Lumen/W etwa 2,2 µmol/J, höhere Werte sind besser, niedrige schlechter. Auch hier sind weder UV noch Infrarot-Werte mitberücksichtigt.


Praktische Beispiele

Tatsächlich gibt es extreme Unterschiede bei der Effizienz der am Markt verfügbaren Lampen. Manche auch aktuell produzierte Modelle kommen nicht mal auf 50 Lumen/W, das ist weniger als bei alten T5 oder T8 Röhren. Unverständlich, wie so etwas zustande kommt…
Die besten High-End Modelle kommen auf bis zu 200 Lumen/W, es handelt sich hier also innerhalb von LED-Technik um Unterschiede vom Faktor 4 wie viel Strom gespart werden kann. Eine gute 10 W LED–Lampe kann genau so viel verwertbares Licht abgeben, wie eine ungeeignete 40 W LED-Lampe.

Bei 12h am Tag macht das:
30W * 12 * 365 = 131.400W im Jahr;
131,4 kWh * 0,4€/kWh = 52,56€
Der Austausch dieser einen Beispiel-Lampe spart bei den aktuellen Stromkosten also über 50€ jedes Jahr.

Tab. 1: Vergleich einiger Pflanzenlampen nach Effizienz (Leistungsdaten inkludieren Netzteil)

ModellPreis (11.23)
Leistung (W)LumenEffizienz (Lumen/W)PPF (μmol/s)Effizienz (μmol/J)Anmerkung








Sanlight Flex II40,20 + 22,0811~1900?173252,30Ohne Red/Far Red
Jungle Lux 60 FR
34,9991400155212,21Mit Red/Far Red
Jungle Lux Spot
29,99121500125231,95Mit Red/Far Red
Philips LED Reflektor 2700K7,996640106Guter Haushaltsspot
Eheim classic LED daylight49,857,7810105Aquariumleuchte
Sansi29,9936325090661,83Starke Hitzeentwicklung
Baltimore LED-Scheinwerfer9,9515118052Einfacher Baustrahler
Chihiros WRGB II Slim
149,9923120077Beliebte Aquarienlampe
DOOA Magnet Light G79,991147543Warum?

Die Sanlight und die Jungle Lux aus den Beispielen sind lineare Leuchten, diese haben einen hohen Abstrahlwinkel und dadurch auch bei niedrigen Abständen eine sehr gleichmäßige Ausleuchtung. Der Abstand zu den Pflanzen sollte hier zwischen ca. 20-100 cm liegen. Einsatzbereiche dafür sind z.B. Vitrinen, Regale, Growtents, Terrarien oder Aquarien.

Auf der anderen Seite sind Lampen wie die Sansi oder der Jungle Lux Spot Spotleuchten, die das Licht aus einer eher punktförmigen Quelle gebündelt aussenden. Sie sind zur Beleuchtung von etwas weiter entfernten Pflanzen, beleuchten dafür etwas weniger Fläche. Typische Abstände liegen je nach Leistung zwischen 50-200 cm.


Lebensdauer

LEDs können bei richtigem Wärmemanagement sehr lange halten. Deswegen sind die Chips auch meistens fest verbaut und nicht wie bei Glühbirnen wechselbar. 10 Jahre Betriebsdauer bei 12h am Tag sind durchaus realistisch und auch dann ist die Lampe noch nicht defekt, sondern hat nur an Leuchtleistung verloren.

Das funktioniert aber nur bei ausreichend dimensionierten Kühlkörpern in der Lampe. Manche Hersteller sparen hier, manchmal fehlt ein Kühlkörper sogar ganz oder ist als Plastikattrappe ausgeführt (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt). Solche Modelle verlieren nach wenigen Monaten bereits viel Lichtstärke oder fallen ganz aus.

Im besten Fall sollte sich eine Lampe auch im Dauerbetrieb mit den Händen anfassen lassen, ohne sich zu verbrennen. Bei kleinen Spots mit hoher Leistung darf die Temperatur auch über 50°C am Kühlkörper liegen, aber je kühler, desto besser.


Far Red und Morphogenese

Die Photomorphogenese beschreibt die lichtabhängige Gestalt der Pflanzen. Neben Chlorophyll zur Energiegewinnung haben alle höheren Pflanzen noch weitere, unbekanntere Lichtsammelpigmente, die Ihnen Auskunft über die Lichtqualität liefern können. So „sehen“ die Pflanzen praktisch ihre Umgebung und passen ihr Wachstum daran an.

Eines der wichtigsten dieser Systeme ist der Phytochrom Komplex, der spezifisch Strahlung um 730 nm Wellenlänge (Far Red) wahrnimmt und in Verhältnis zur verfügbaren roten Strahlung (660 nm) setzt (Durazzo, B. D., 2021).

Doch warum hat die Pflanze einen Vorteil dadurch Nah-Infrarotstrahlung erkennen zu können?
Die Antwort dazu könnte insbesondere für unsere Dschungel-Pfleglinge wie Alocasia, Philodendron, Begonia oder Selaginella von Bedeutung sein.

Diese Pflanzen kommen in der Natur meist nicht in direkter Sonnenstrahlung vor, sondern am Urwaldboden unter einem dichten Blätterdach. Dieses filtert bereits einen Großteil der roten und blauen Strahlung heraus, bevor das Licht auf die weiter unten gelegenen Pflanzen trifft. Das noch zur Verfügung stehende Licht ist dann ins Grüne verschoben. Wie stark die Pflanzen beschattet werden ist eine wichtige Information, denn davon machen sie z.B. die Blattgröße oder Chlorophyllsynthese abhängig (Stutte, G. W., 2009). Bei viel Schatten muss mit großen, dunklen Blättern möglichst viel Restlicht eingefangen werden, bei viel natürlichem Sonnenlicht würden diese hingegen schnell verbrennen.

Genau dafür nutzen Pflanzen Far Red Licht, denn es durchdringt das Blätterdach in einem höheren Anteil als normal rotes Licht. Ist der Anteil von Far Red zu Red deutlich höher als normal, denkt die Pflanze von anderen beschattet zu werden und wächst entsprechend anders.
Bei Salat (Lactuca sativa) wurde durch das Hinzufügen kleiner Anteile von Far Red in die Beleuchtung bereits eine Erhöhung der Biomasse um über 50% erreicht, bei ansonsten gleicher Lichtstärke (Wenqing et al. 2021).

Natürlich sind auch unsere blau irisierenden Pflanzen, die wir in diesem Blog-Artikel behandelt haben, aus den Schattenzonen der tropischen Regenwälder und bekommen an diesen Standorten tendenziell besonders viel Far Red Strahlung. Ein verstärkender Effekt der Far Red Strahlung auf die Blaufärbung wäre also zu erwarten. Tatsächlich ist genau das bereits bei Selaginella uncinata bei ca. 1000 Lux und einem Verhältnis von R:FR von 0,35 gezeigt worden (Hebant & Lee, 1984) und so auch bei anderen irisierenden Pflanzen zu erwarten.

Selaginella uncinata

Abb. 5: Selaginella uncinata zeigt eine blaue Irideszenz als Anpassung an schattige Standorte


Zusammenfassung

  1. Lichtbedarf der gepflegten Pflanzen kennen (z.B. aus Abb. 1)
  2. Bei bestehenden Setups mit Luxmeter (Auch als Handy-App) nachmessen
  3. Menge des benötigten Lichts z.B. in Lumen nach Fläche und Lichtbedarf auswählen
  4. Vergleichen lohnt sich doppelt beim Lampenkauf (Beispiele in Tab.1)
  5. LED-Lampen mit weißem Licht und hoher Effizienz >120 Lumen/W wählen
  6. Pflanzen-optimierte Spektren mit hohem CRI, extra Rot und Far Red haben weitere, positive Effekte

Alle Bilder in diesem Beitrag, sofern nicht anderweitig angegeben, sowie Beitragstext: © Nils Schmitz

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